Angehörige sind der größte Pflegedienst Deutschlands: „84 % der 5 Mio. Pflegebedürftigen hierzulande werden zu Hause versorgt, meistens durch Familienmitglieder“, verriet Ann-Christin Lischer vom Paritätischen Cuxhaven in ihrem Vortrag zum Thema Selbstfürsorge für pflegende Angehörige beim Kneipp-Verein. Die leitende Pflegefachkraft sprach über Belastungsfaktoren, Warnsignale und Unterstützungsmöglichkeiten.
Für viele ist die Pflege ihrer Eltern oder Partner*innen selbstverständlich. Das wurde auch in der Vortragsrunde am Dienstag deutlich. Dennoch gelangen die Betreuenden an ihre Grenzen und überschreiten diese häufig, manchmal unbewusst. Der Verlust an Freiheit, an sozialen Kontakten, körperliche und psychische Symptome, Gefühle wie Ängste, Wut oder Aggression, Folgen des Schlafmangels und Probleme mit geänderten Rollenmustern – kommt durch die komplexen Anforderungen zu viel zusammen, besteht Handlungsbedarf. Ann-Christin Lischer gab in ihrem einfühlsamen Vortrag wertvolle Tipps und ging auf individuelle Fragen ein.
Ist die Belastungsgrenze überschritten und die eigene Kraft am Ende, können frühzeitig etwa professionelle Pflegedienste oder Betreuungs- und Hauswirtschaftsdienste helfen. „Schon ab Pflegegrad 1 ist ein monatlicher Entlastungsbetrag von 125 € pro Monat für Sachleistungen wie Betreuung oder hauswirtschaftliche Unterstützung zum Beispiel zur Entlastung von Angehörigen vorgesehen“, sagte Ann-Christin Lischer. Beratung und Informationen gibt es dazu beispielweise beim Senioren- und Pflegestützpunkt des Landkreises oder bei HilDe (Hilfen bei Demenz) und FOKUS 65+ des Paritätischen. Tages-, Kurzeit- oder Verhinderungspflege, der Austausch in Selbsthilfegruppen, Unterstützung z.B. durch ehrenamtliche Nachbarschaftshilfe oder 24-Stunden-Pflegekräfte sind weitere Möglichkeiten, über die Ann-Christin Lischer genauer informierte.
Wenn es zu Hause nicht mehr geht, gilt es, eine passende Langzeitpflegeeinrichtung zu finden. Rechtzeitige Internetrecherche über Details, Termine vor Ort und Probe-Mahlzeiten in der Einrichtung können Wege sein, sich mit der künftigen Unterbringung vorab zu beschäftigen. Ann-Christin Lischer ging auf den Pflegesach- und geldleistungsanspruch der verschiedenen Pflegegrade, Änderungen beim Leistungszuschlag der Pflegekasse zum Eigenanteil ein und sprach über Unterstützungs- und Beratungsangebote. Die anwesenden Zuhörerinnen dankten ihr mit Applaus und gingen mit neuen Anregungen und vielen Notizen nach Hause.
Bildunterschrift:
Die Zuhörerinnen freuten sich über zahlreiche Tipps und Antworten auf ihre Fragen. Foto: Wehr